Oberlandesgericht Duesseldorf
Urteil

Az.: I-15 U 21/06
vom 07.06.2006

Leitsatz:

1.
Ein “nicht professioneller Forums-Betreiber” haftet erst ab Kenntnis für fremde, rechtswidrige Foren-Einträge.

2.
Einen “nicht professioneller Forums-Betreiber” treffen grundsätzlich keine Ãœberwachungs- oder Ãœberprüfungspflichten. Dies gilt auch dann, wenn es in der Vergangenheit zu rechtswidrigen Foren-Einträgen gekommen ist.

Tenor:

In dem Rechtsstreit (…) hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgericht Düsseldorf (…) für Recht erkannt:

I.

Auf die Berufung des Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 25. Januar 2006, Az. 12 O 546/05, abgeändert und die einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 20. Oktober 2005 aufgehoben sowie der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

II.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Verfügungskläger. 

Sachverhalt:
(vgl. Entscheidungsgründe)

Entscheidungsgründe:

I.

Der Verfügungskläger begehrt von dem Verfügungsbeklagten Unterlassung von Äußerungen, die anonyme Dritte auf einem Thread des von dem Verfügungsbeklagten betriebenen Internetforums getätigt haben.

Dort ist der Verfügungsbeklagte als “Pornokönig” und “Pleitier” bezeichnet, als “dumm, dümmer geht’s wirklich nicht” charakterisiert und die Ansicht vertreten worden, der von dem Verfügungskläger betriebene Verein müsse beweisen, dass der Verfügungskläger keine Pornofilme gedreht habe.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 20. Oktober 2005 die begehrte einstweilige Verfügung erlassen und sie nach Widerspruch des Verfügungsbeklagten mit dem angefochtenen Urteil bestätigt. Zur Begründung hat es ausgeführt: dem Verfügungskläger stehe ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1004 analog, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB iVm. § 185 StGB gegen den Verfügungsbeklagten zu. Denn die streitgegenständlichen Äußerungen verletzten den Verfügungskläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und in seiner Ehre. Der Verfügungskläger sei von den Äußerungen persönlich betroffen, da eingangs des Threads erklärt werde, dass unter (…) der Verein (…) zu verstehen sei, dessen Gründungsmitglieder mit dem Vornamen (…) und (…) benannt würden und im Zusammenhang mit dem Verweis auf die Internetseite des Vereins klar würde, dass der Verfügungskläger sich hinter (…) verberge.

Die Bezeichnung als Pornokönig wirke beleidigend, da der Verfügungskläger hierdurch mit dem von weiten Bevölkerungskreisen als zwielichtig und schmuddelig angesehenen Pornogewerbe in Verbindung gebracht und behauptet werde, er sei in diesem Gewerbe in größerem Umfang beschäftigt. Auch die Bezeichnung als Pleitier sei beleidigend, da hierunter jemand verstanden werde, der Firmen zum Nachteil der Gläubiger pleite gehen lasse oder diese sogar pleite gehen lasse, um sich persönlich zu bereichern.

Die Äußerung, der Verfügungskläger sei dumm, dümmer geht`s wirklich nicht, wirke ebenfalls herabsetzend und beleidigend, da dem Verfügungskläger abgesprochen werde, ein normal intelligenter Mensch zu sein; die Steigerungsform solle den Eindruck erwecken, er sei in seinen geistigen Fähigkeiten stark beschränkt.

Auch die Äußerung “die (…) muss beweisen, dass (…) kein pornofilme gedreht hat” wirke herabsetzend. Sie sei nicht als Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 GG zulässig, da die unzutreffende Rechtsauffassung zugleich die Behauptung enthalte, dass der Verfügungskläger Pornofilme gedreht habe.

Der Verfügungsbeklagte hafte als Störer gemäß §§ 823, 1004 BGB analog auf Unterlassung. Denn er sei als Host-Provider Teledienstbetreiber gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1 TDG, da er mehrere Foren unter der Internet-domain (…) betreibe. Er habe nicht substantiiert dargelegt, dass er seiner Verpflichtung zur unverzüglichen Löschung nach Kenntnisnahme nachgekommen sei.

Die Haftungsprivilegierung nach § 11 TDG komme dem Verfügungsbeklagten gemäß § 8 Abs. 2 TDG nicht zugute.

Zur Unterlassung verpflichteter Störer sei, wer in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Rechtsguts beitrage, ohne Täter oder Teilnehmer zu sein. Um die Störerhaftung nicht über Gebühr auszudehnen, setze die Störerhaftung die Verletzung von Prüfungspflichten voraus, deren Umfang sich danach bestimme, ob und inwieweit dem Störer eine Prüfung zumutbar sei. Da es vorliegend zu mehreren beleidigenden Postings gekommen sei, sei der Verfügungsbeklagte verpflichtet gewesen, das Forum (…) zu überwachen und beleidigende Inhalte unverzüglich nach Kenntnisnahme zu löschen.

Seine Verpflichtung zur Überwachung folge daraus, dass technisch das Erscheinen der beleidigenden Postings nicht habe verhindert werden können. Insbesondere habe die Sperrung der IP-Nummern nicht ausgereicht, da von einem anderen Computer bzw. unter Verwendung eines Anonymisiererprogramms erneut beleidigende Inhalte hätten gepostet werden können. Da das Forum auch unregistrierten Nutzern zur Verfügung gestanden habe, sei eine Sperrung der Pseudonyme keinesfalls ausreichend gewesen.

Der Verfügungsbeklagte habe nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, dass er die beleidigenden Postings unverzüglich gelöscht habe.

Da der Verfügungskläger behauptet habe, die Äußerungen zu 1-3 seien noch am 21. September 2005 und die Äußerung zu 4 noch bis mindestens 13. Oktober 2005 im Internet vorhanden gewesen, habe der Verfügungsbeklagte vortragen und glaubhaft machen müssen, wann genau und durch wen die Löschung erfolgt sei. Dass ihn die Darlegungs- und Glaubhaftmachungspflicht treffe, folge aus § 11 Satz 1 TDG und ergebe sich im Übrigen daraus, dass es dem Verletzten nicht zuzumuten sei, die Löschung beleidigender Äußerungen fortlaufend zu überwachen.

Die Wiederholungsgefahr ergebe sich vorliegend schon deshalb, weil es wiederholt zu Rechtsbeeinträchtigungen gekommen sei. Dem Verfügungsbeklagten werde auch nicht das Betreiben des Forums insgesamt unmöglich, da eine Zwangsvollstreckung nach § 890 ZPO einen schuldhaften Verstoß voraussetze.

Hiergegen wendet sich der Verfügungsbeklagte mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Er bezieht sich auf sein erstinstanzliches Vorbringen und behauptet, er habe die streitgegenständlichen Äußerungen nicht zur Kenntnis genommen, da er weder vom Verfügungskläger auf diese hingewiesen noch auf andere Weise rechtzeitig von ihnen Kenntnis erlangt habe. So habe – was unstreitig ist – der Verfügungskläger die in dem Schreiben vom 12. September 2005 erwähnten Äußerungen nicht genau benannt.

Er vertritt die Ansicht, mangels genauer Bezeichnung könne hinsichtlich dieser Äußerungen nicht einmal von einem Unterlassungsanspruch ausgegangen werden. Vor dem 21. September 2005 habe er – ebenfalls unstreitig – keine weiteren Hinweise auf beleidigende Äußerungen erhalten. Die in dem Schreiben genannten Äußerungen zu 2) und 3) habe er nach Zugang der Abmahnung gesucht, aber nicht gefunden, weil sie entweder nie erfolgt waren oder er sie zuvor gelöscht habe. Weiter behauptet er, er habe die Äußerungen zu 2) und 3) nach dem Hinweis in der Abmahnung sofort gelöscht.

Von den Äußerungen zu 1, 4 und 5 habe er erst durch das Verfahren Kenntnis erlangt. Er vertritt die Ansicht, es sei nicht glaubhaft gemacht, dass die Äußerungen zu 4) und 1) noch bei Zugang der Abmahnung veröffentlicht gewesen seien. Im Ãœbrigen behauptet er, er habe die Äußerungen zu 1), 4) und 5) “nach Entdeckung … sofort gelöscht. Vorausgesetzt natürlich, sie wurden je veröffentlicht.”.

Der Verfügungsbeklagte beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 25. Januar 2006 – 12 O 546/05 – den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Der Verfügungskläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen

Auch er bezieht sich auf sein erstinstanzliches Vorbringen. Er bestreitet, dass der Verfügungsbeklagte die streitgegenständlichen Äußerungen unverzüglich gelöscht habe. Die Äußerungen zu 1), 2) und 3) seien mindestens je einen Tag veröffentlicht gewesen, die Äußerungen zu 4) mindestens elf Tage und die Äußerung zu 5) mindestens zwei Tage. Die zum Nachweis vorgelegten Ausdrucke seien nicht aus dem Zwischenspeicher des Computers herausgeladen worden, sondern nach Neuaufruf der Seite gefertigt worden.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Dem Verfügungskläger steht gegen den Verfügungsbeklagten kein Anspruch auf Unterlassung der streitgegenständlichen Äußerungen zu.

Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei den streitgegenständlichen Äußerungen um Meinungsäußerungen oder Tatsachenbehauptungen handelt. Ebenso kann offen bleiben, ob die Äußerungen ehrverletzenden Charakter haben, woran allerdings nach Auffassung des Senats kein Zweifel besteht. Denn gegen den Verfügungsbeklagten besteht als bloßer Betreiber des Internetforums, der unstreitig die streitgegenständlichen Äußerungen nicht selbst in das Internet eingestellt hat und deshalb nur nach den Grundsätzen der Störerhaftung in Anspruch genommen werden kann, kein Unterlassungsanspruch, da nicht davon auszugehen ist, dass er trotz Kenntnisnahme von den Äußerungen diese nicht gelöscht hat. Im Einzelnen gilt Folgendes:

1.
Auf die Tätigkeit des Verfügungsbeklagten ist das TDG anwendbar. Denn er ist gemäß § 3 Nr. 1 TDG als Telediensteanbieter anzusehen. Nach dieser Vorschrift ist Diensteanbieter, wer eigene oder fremde Teledienste zur Nutzung bereit hält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt. Hierunter fallen auch die Betreiber sogenannter Host Provider, worunter auch die Angebote von Diskussionsforen zu verstehen sind (Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, TDG, § 3 TDG Rdn. 10). Unstreitig übt der Verfügungsbeklagte genau solch eine Tätigkeit aus.

Der Anwendbarkeit des TDG steht nicht etwa § 2 Abs. 4 Nr. 3 TDG entgegen. Nach dieser Vorschrift findet der Mediendienste-Staatsvertrag Anwendung, soweit bei bestimmten Telediensten die redaktionelle Gestaltung zur Meinungsbildung für die Allgemeinheit im Vordergrund steht; eine redaktionelle Gestaltung setzt das Sammeln und Aufbereiten von verschiedenen Informationen oder Meinungen mit Blick auf den potentiellen Empfänger voraus, dem nach der redaktionellen Gestaltung ein einheitliches Produkt präsentiert wird (Spindler a.a.O., Rdn. 11 zu § 2 TDG). An einer redaktionellen Gestaltung des Forums in diesem Sinne fehlt es vorliegend ersichtlich.

2.
Als Telediensteanbieter ist der Verfügungsbeklagte gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG der allgemeinen Störerhaftung auch für fremde Inhalte, die er sich nicht zu eigen gemacht hat, unterworfen. Er kann sich hinsichtlich des hier streitgegenständlichen Unterlassungsanspruchs nicht auf die Regelungen der §§ 9-11 TDG berufen, da diese auf die Störerhaftung keine Anwendung finden (Spindler a.a.O., Rdn. 16 zu § 8 TDG); insbesondere greift die Haftungsprivilegierung des § 11 TDG gegenüber Unterlassungsansprüchen nicht (BGH, Urteil vom 11. März 2004 – I ZR 304/01, MMR 2004, 668 [669/670]).

a. Haftungsrechtlich auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen ist daher derjenige, der – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Guts beiträgt (BGH a.a.O. S. 671 m.w.Nw.; Spindler a.a.O. Rdn. 13 zu § 8 TDG). Insbesondere auf die Verletzung von Immaterialgüterrechten sind die Grundsätze der Störerhaftung uneingeschränkt anzuwenden (BGH a.a.O.). Hierfür ist ausreichend, dass die Herbeiführung der Störung gefördert wird; ein Handeln aus eigenem Antrieb ist für die Störerhaftung ebenso wenig erforderlich wie ein Einfluss auf den Inhalt der Äußerung. Dies trifft auf den Host-Provider und mithin vorliegend auf den Verfügungsbeklagten zu, da er durch die Eröffnung des Forums die Möglichkeit bietet, Inhalte zu platzieren, zu verbreiten und von diesen Kenntnis zu nehmen (vgl. dazu Spindler a.a.O. Rdn. 14 zu § 8 TDG).

b. Um zu vermeiden, dass über die Störerhaftung Dritte in zu großem Umfang in Anspruch genommen werden können, setzt die Haftung indes weiter voraus, dass der Störer ihm obliegende Prüfungspflichten verletzt hat (BGH a.a.O.). Dabei ist zu beachten, dass dem Diensteanbieter gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 TDG keine allgemeinen Überwachungs- oder Forschungspflichten dahingehend obliegen, ob rechtswidrige Inhalte überhaupt vorhanden sind (BGHZ 148, 13[17]; Spindler a.a.O. Rdn. 19). Solche Prüfungspflichten können jedenfalls in Bezug auf den Verfügungsbeklagten auch nicht aus allgemeinen Grundsätzen – etwa aus Gesichtspunkten der Sicherungspflichten – hergeleitet werden, da eine allgemeine Pflicht, die zahlreichen auf seinem Internetforum existierenden Diskussionsforen mit ihren in die Tausende gehenden Beiträgen auf möglicherweise rechtswidrige Inhalte hin zu überwachen, den Verfügungsbeklagten in technischer, persönlicher und wirtschaftlicher Hinsicht schlicht überfordern würde und das Betreiben von Internetforen letztlich wegen der sich aus der Überwachungspflicht ergebenden Haftungsrisiken unmöglich würde. Entsprechend hat der BGH in der Entscheidung vom 11. März 2004 (MMR 2004, 668[671]) sogar für einen professionellen Internet-Auktions-Anbieter festgestellt, dass es für diesen unzumutbar sei, jedes Angebot vor Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu überprüfen. Erst recht muss dies für den nicht professionellen Betreiber eines Internetforums mit angeschlossenen offenen Diskussionsforen gelten.

c. Nach Auffassung des Senats ist es auch nicht gerechtfertigt, dem Verfügungsbeklagten weitergehende Ãœberwachungs- und Prüfungspflichten hinsichtlich rechtsverletzender Äußerungen deswegen aufzuerlegen, weil er aufgrund des Schreibens vom 12. September 2005 und wohl auch aufgrund seiner eigenen Recherchen Kenntnis davon hatte, dass in dem Forum Beiträge veröffentlicht wurden, die den Verfügungskläger möglicherweise in seinen Rechten verletzten. Soweit der BGH in der bereits zitierten Entscheidung vom 11. März 2004 – I ZR 304/01 – (MMR 2004, 668 [671/672]] der dortigen Beklagten aufgegeben hat, auch Vorsorge dafür zu treffen, dass es nicht zu weiteren Rechtsverletzungen komme, ist dies auf den hier zu entscheidenden Fall nicht zu übertragen.

Der Umfang der dem Diensteanbieter obliegenden Prüfungspflichten bestimmt sich nämlich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (BGH a.a.O S. 670 m.w.Nw.). Entscheidend sind mithin die Umstände des Einzelfalles, wobei die betroffenen Rechtsgüter, der zu betreibende Aufwand und der zu erwartende Erfolg in die vorzunehmende Abwägung eingestellt werden müssen. Dabei kann sich der Diensteanbieter nicht von vornherein auf den erheblichen Aufwand angesichts des massenhaften Datenverkehrs berufen noch kann jede Rechtsgutverletzung einen immensen Kontrollaufwand erfordern. Es ist vielmehr danach zu fragen, inwieweit es dem als Störer in Anspruch Genommenen technisch und wirtschaftlich möglich und zumutbar ist, die Gefahren von Rechtsgutverletzungen zu vermeiden, welche Vorteile der Diensteanbieter aus seinen Diensten zieht, welche berechtigten Sicherheitserwartungen der betroffene Verkehrskreis hegen darf, inwieweit Risiken vorhersehbar sind und welche Rechtsgutverletzungen drohen (Spindler a.a.O, Rdn. 23 zu § 8 TDG).

Nach diesen Kriterien vermag der Senat eine weitergehende Prüfungspflicht des Verfügungsbeklagten nicht zu erkennen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass aufgrund der Häufung von Verletzungen des Persönlichkeitsrechts und der Ehre des Verfügungsklägers auch für den Verfügungsbeklagten erkennbar war, dass ein Risiko künftiger weiterer Rechtsverletzungen bestand. Die Rechtsverletzungen stellen sich auch als massiv dar, da die Ehre des Verfügungsklägers in erheblichem Maße und wiederholt in den Schmutz gezogen worden ist. Auch in Ansehung dieser Umstände spricht jedoch zum einen entscheidend gegen die Annahme weiterer Prüfpflichten, dass der Verfügungsbeklagte als nicht professionellen Forumsbetreiber tätig war, der – soweit ersichtlich – in keiner Weise von dieser Tätigkeit wirtschaftlich profitierte. Dies unterscheidet den vorliegenden Fall von dem durch Urteil des BGH vom 11. März 2004 (MMR 2004, 668) entschiedenen Fall, bei welchem die Vorsorgepflichten des beklagten Internet-Auktions-Anbieters maßgeblich unter bezug auf dessen Provisionsinteresse hergeleitet wurden.

Zum anderen ist nicht ersichtlich, wie mit zumutbaren Aufwand der Verfügungsbeklagte Vorsorge gegen weitere Rechtsgutverletzungen hätte treffen können. Wirtschaftlich war es unzumutbar, Mitarbeiter in ausreichender Zahl zu beschäftigen, die das gesamte Forum mit seinen verschiedenen Diskussionsforen rund um die Uhr hätten überwachen können. Technisch war die Sperrung der IP-Nummern nicht geeignet, weitere Rechtsverletzungen zu vermeiden, wie der tatsächliche Umgehungserfolg zeigt. Eine Sperrung der Pseudonyme war praktisch ungeeignet, da Pseudonyme gewechselt werden können. Eine Suche nach bestimmten Kennworten (“Pornokönig”, “dumm” etc.) mag technisch ohne großen Aufwand realisierbar und bei Markenrechtsverletzungen auch sinnvoll sein, ist aber angesichts der unübersehbar großen Möglichkeiten, Äußerungen ehrverletzend zu formulieren, bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen ersichtlich ohne großen praktischen Sinn.

Schließlich rechtfertigt auch die Möglichkeit, nur registrierten Usern Zugang zu den Foren zu eröffnen, nicht, dem Verfügungsbeklagten weitere Prüfungspflichten aufzuerlegen. Dieser Möglichkeit steht zwar nicht § 4 Abs. 6 TDDSG entgegen, da nach dieser Vorschrift nur die anonyme oder pseudonyme Inanspruchnahme und Bezahlung von Telediensten sicherzustellen ist, die Pflicht sich aber nicht darauf bezieht, ein anonymes oder pseudonymes Vertragsverhältnis zu ermöglichen (Schmitz in: Spindler/Schmitz/Geis, TDG, § 4 TDDSG Rdn. 39). Der Verfügungsbeklagte hätte mithin die Möglichkeit gehabt, im internen Verhältnis zu den potentiellen Usern die Nutzung der Foren von einer Registrierung abhängig zu machen, solange die Nutzung in anonymisierter Form hätte erfolgen können. Auch wäre es hierdurch möglich, Personen, die sich rechtswidrig verhalten, von der Nutzung des Forums auszuschließen bzw. sie zu identifizieren, so dass die in ihren Rechten verletzte Person unmittelbar gegen den eigentlichen Schädiger vorgehen könnte. Die Tatsache, dass der Verfügungsbeklagte von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machte, rechtfertigt es jedoch gerade, ihn – wie dargelegt – als Störer auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen, soweit er ihm bekannt gewordene rechtswidrige Äußerungen nicht unverzüglich löscht. Mit dieser Haftung ist dem Umstand, dass der Diensteanbieter mittels seines anonymen Forums der Möglichkeit von Rechtsverletzungen Vorschub leistet, ausreichend Rechnung getragen.

d. Nach diesen Grundsätzen traf den Verfügungsbeklagten daher nur die Pflicht, ihm bekannt gewordene Beiträge rechtsverletzender Art unverzüglich zu löschen (vgl. dazu Burckhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., § 10 Rdn. 243). Dass er diesen Anforderungen nicht Genüge getan hat, ist nicht hinreichend substantiiert vorgetragen bzw. glaubhaft gemacht.

aa. Hinsichtlich der Äußerungen, die dem Verfügungsbeklagten mit Schreiben des Verfügungsklägers vom 12. September 2005 bekannt gemacht worden sind, hat der Verfügungskläger selbst vorgetragen, dass der Verfügungsbeklagte “einige” Äußerungen gelöscht habe. Dass bzw. welche Äußerungen rechtswidrigen Inhalts von dem Verfügungsbeklagten aufgrund des Schreibens vom 12. September 2005 nicht gelöscht worden sind, hat der Verfügungskläger weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht.

bb. Von den Äußerungen zu 1) – 3) hat der Verfügungsbeklagte spätestens aufgrund der Abmahnung durch den Prozessbevollmächtigten des Verfügungsklägers vom 21. September 2005 Kenntnis erlangt. Diese Äußerungen waren jedoch spätestens mit Zugang der Abmahnung gelöscht. Dies entspricht dem unstreitigen Sachvortrag der Parteien. Der Verfügungsbeklagte hat dies in der Berufungsbegründung vom 03. Februar 2006 (dort Seite 4 = Bl. 90 GA) ausdrücklich vorgetragen. Aus dem Sachvortrag des Verfügungsklägers ergibt sich nichts Anderes. Im Schriftsatz vom 03. Januar 2006 (dort Seite 2 = Bl. 63 GA) hat er vorgetragen, dass die Äußerungen “noch mindestens bis zur Abmahnung abrufbar” gewesen seien; in der Berufungserwiderung vom 12. April 2006 (dort Seite 3 = Bl. 116 GA) hat er vorgetragen, dass die Äußerungen zu 1) – 3), die vom 15.September (Nr. 1 und 2) bzw. 19. September 2005 (Nr. 3) datieren, “mindestens ein Tag im Forum” veröffentlicht waren. Daraus ergeben sich aus Sicht des Senats nur zwei Alternativen: der Verfügungsbeklagte hat die Äußerungen Nr. 1) – 3) selbst entdeckt und gelöscht, bevor ihm die Abmahnung zuging, was mit dem Vortrag des Verfügungsklägers in der Berufungserwiderung in Einklang zu bringen ist; oder er hat von ihnen erst aufgrund der Abmahnung vom 21. September 2005 Kenntnis erlangt und sie sodann gelöscht, was mit dem Vortrag des Verfügungskl